Battus

Battus 1Zwischen türkis oder rosa schimmernden Tütchen, knallroten Gummischläuchen und zerknüllten Papiertüchern ragt ein Menhir auf, dick und groß, aus dem 4. Jahrtausend vor Christus. Beispiel, Vorbild und Ansporn für die mindestens ebensovielen Erektionen, die in seiner Anwesenheit stattgefunden haben. Seine Größe und Standfestigkeit werden von dem Wirtschaftszweig, von dessen Arbeitsspuren der Boden übersäht ist, sicherlich wohlwollend genutzt. Kann doch sein Anblick dazu beitragen, dass die Austauschprozesse, die zu seinen Füßen stattfinden, schneller und reibungsloser von statten gehen.

Der Menhir soll Battus werden, der fallsüchtige Sohn der Kolonialwarenhändlerin Fama. Battus verfällt vollkommen einem Projektionsgerät, einem Bildwerfer, das Gegenstände vergrößert an die Wand wirft. Tagelang, wochenlang beschäftigt er sich ausschließlich damit, legt immmer wieder neue Gegenstände unter das Gerät, betrachtet die an der Wand entstehende Illusion. Er ist schließlich nicht mehr von dem Gerät wegzubringen, verlässt den Raum nicht mehr, in dem es steht, verrichtet in einer Ecke sein Notdurft. Eines Nachts findet Fama ihn zusammengesunken vor dem Gerät versteinert.
Battus 2

Der Fotograf begutachtet den Stein, aber das Licht ist noch falsch. Der Menhir hebt sich nicht genügend von den Bäumen im Hintergrund ab. Der Auftraggeber bevorzugt die andere Seite des Menhirs. Schlägt vor von unten zu fotografieren, schräg gegen den Himmel. Auf dieser Seite sind außerdem Gravuren zu erahnen. Dennoch: die Sonne muss zunächst noch wandern. Nach der Rückkehr muss der Auftraggeber einen Spiegel halten und eine bestimmte Stelle des Steins aufhellen, dabei noch leicht wackeln. Ihm ist völlig schleierhaft, was dabei herauskommen soll. Dem Fotografen fällt der Orangefilter in die Kamera, aber duldet keine Wiederholung. Jedes Bild kostet 2 Euro. Aber auch das Bild von der anderen Seite wird gemacht. Aber vermutlich wird es zu konkret sein. Man wird sagen: Interessant, ein Stein.

Mittlerweile hat es gebrannt, dort, wo der Menhir steht, und alle Spuren des Wirtschaftszweiges sind wohl hinweg geschmolzen. Liebend gern würde jetzt der Fotograf wieder hinfahren und den Stein, der ihm zu sehr ein Stein war, noch einmal fotografieren. Jetzt, in der verbrannten Landschaft vor surrealistisch verkokeltem Geäst, am besten noch im Dunst der Rauchschwaden ließe sich vermutlich ein weniger konkretistisches Foto machen.

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